War das eine Vorentscheidung? Schon jetzt endgültig nur noch ein Dreikampf um den Aufstieg? Aktuell deutet in der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga einiges darauf hin. Denn während das Spitzentrio weiter im Gleichschritt siegt, hechelt die Konkurrenz zunehmend hinterher – oder ist gerade bemüht, ihre Beine wieder zu sortieren. Das Knallerergebnis des Spieltags kommt aus Cannstatt: Mit sage und schreibe 0:6 geriet dort der bis dato selbst noch hoffende TSV Musberg unter die Räder. Eine Begebenheit, die zuvorderst für einen überhaupt weitgehend unerfreulichen Sonntag der Mannschaften von den Fildern steht. Als am Abend dann alle Resultate online waren, hat jedenfalls auch Christopher Eisenhardt zur Sicherheit ein zweites Mal hingeschaut. Jedoch: kein Irrtum. Sechs auf einen Streich! „Das ist schon ein Wow. Definitiv ein Ausrufezeichen“, sagt der Trainer des TSV Bernhausen . Oder, man könnte es auch so formulieren: eine deutliche Ansage vom Hauptrivalen im Meisterschaftsrennen. Freilich, Bange machen gilt nicht. Zumal sich ja in der Tabelle auf den Spitzenpositionen nichts geändert hat. Dort sind weiter die Bernhausener vorn – und nicht der Eindruck machende Mitbewerber Cannstatt, mit dem es am 28. April auf dessen Platz zum großen direkten Duell kommen wird.
Einstweilen haben auch Eisenhardts Kicker weiter ihre Hausaufgaben erledigt. Nebensache letztlich, dass der eigene Auftritt beim 3:1 gegen die SG Untertürkheim weitaus weniger glanzvoll war. Nur drei Treffer, keine sechs. Auch kein Ballzauber, eher harte Arbeit. Ein tief stehender und verbissen kämpfender Gegner machte es dem Favoriten schwer. Aber anders als im Hinspiel vor drei Wochen (2:2) zwangen die „Veilchen“ den Tabellenzehnten in die Knie. Nach guter Vorarbeit von Agonis Berisha ebnete der Winterpausen-Neuzugang Ivan Matanovic mit seinem Premierentor im lila Trikot den Weg. Mahir Ege per Kopf sowie Alperen Albayrak als Elfmeterschütze legten nach.
Kurios: in der Endphase hatten die Bernhausener nur noch neun Spieler auf dem Platz. Als Matteo Giordano und Julijan Milos angeschlagen ausschieden, hatte Eisenhardt sein Wechselkontingent bereits ausgeschöpft. Doch erging es dem Kontrahenten in personeller Hinsicht kaum besser. Schon auf der letzten Rille angetreten, musste bei den Neckarstädtern in der zweiten Hälfte sogar der Trainer Theodoros Fringelis selbst noch einmal die Kickschuhe schnüren. Ein Comeback im zarten Fußballeralter von 39 Jahren – ehe es für den Coach im Sommer dann in eine selbst gewählte Pause gehen wird. Dass er in Untertürkheim aufhört, steht bereits fest, ebenso wie sein Nachfolger. Jener heißt Verim Kica (zuletzt SV Fellbach II).Die Bernhausener Hoffnungen auf eine Schützenhilfe vonseiten des Fildernachbarn TSV Musberg zerstoben derweil wie erwähnt spektakulär. Gleiches gilt für die eigenen Aussichten am Turnerweg. Ob in dieser bislang schon so schwierigen Saison vielleicht doch noch was nach vorne geht? Seit Sonntag hat der ursprünglich Höchstgewettete der Staffel die Antwort, und zwar in niederschmetternder Form. „Es fühlt sich an, als wäre ein D-Zug über uns gerollt“, sagt der Trainer Jaroslav Kostenko nach der Demontage seiner Elf. 0:6 – am Ende war es die höchste Musberger Punktspielniederlage seit knapp neun Jahren. Damals, im April 2013, hatte es noch zu Kreisliga-A-Zeiten in Birkach ein 1:7 gesetzt.
Das aktuelle Verhängnis: Topform traf auf Krisenmodus. Geballte Personalpower begegnete improvisiertem Notaufgebot. Während der Tabellenzweite Cannstatt seine Mannschaft nun noch mit dem einstigen türkischen Erstliga-Profi Kagan Söylemezgiller als Debütanten toppte, schickte Kostenko auch mangels Alternativen sechs U-21-Youngsters auf den Rasen. „Es sind gerade einfach zu viele Säulen, die uns wegbrechen“, ächzt der Coach. Unter einer Angriffslawine des Gegners sah er schließlich „jeden Fehler von uns gnadenlos bestraft“. Freilich: begünstigend für den Kontrahenten kam hinzu, dass die Musberger die Flügel hängen ließen, nachdem das Spiel schon zur Pause bei einem Drei-Tore-Rückstand für sie praktisch verloren war.
Bleibt ein Kostenko-Wunsch. Wer jetzt stattdessen Titellorbeer ernten soll, nachdem die Sache für die Seinen also gelaufen ist? „Ich hoffe, die Cannstatter“, sagt der Trainer, „denn dann könnten wir wenigstens sagen, dass wir vom Meister so abgefertigt worden sind.“Die eigene Devise lautet derweil: irgendwie wieder aufrappeln, womit die Musberger in guter Gesellschaft sind. Für die Filderclubs allgemein kommt es gerade dick, am heftigsten schon seit Wochen für den SV Vaihingen . In dessen Umfeld träumten die Ersten bereits von einer Überraschung, als das Schwarzbachteam Mitte der Hinrunde noch gleichauf mit dem Spitzenreiter die Liga stürmte. Inzwischen ist der Sturm zur Flaute geworden und werden die Sorgenfalten immer größer. Das 0:3 am Sonntag gegen die Sportvg Feuerbach war die achte Niederlage aus den seitherigen neun Partien. Im Kalenderjahr 2022 sind die Vaihinger sogar noch ohne jeden Punktgewinn.
Nur bedingt tröstet da, dass aus der offenkundigen Hauptursache keinem ein Vorwurf zu machen ist: Nirgendwo schlagen Corona und das Verletzungspech gerade ärger zu als beim einstigen Landesligisten. Neuester Eintrag im Bulletin: Maximilian Spangenbergs Blessur ist ein Kreuzbandriss, gleichbedeutend mit dem vorzeitigen Saisonende für den Angreifer. Erneut brachten die Vaihinger nur mit Mühe noch eine Elf zusammen. In einem Punkt immerhin Erleichterung: der Keeper Maximilian Ulmer meldete sich aus der Quarantäne zurück. Andernfalls wäre sein Verein ohne etatmäßigen Torhüter dagestanden.
Verhindern konnte die nächste Schlappe dann allerdings auch der stark haltende 25-Jährige nicht. Auch, weil der Abteilungschef Peter Breuer nebst der personellen Malaise ein zweites Manko erkennt: „Unsere Chancenverwertung ist derzeit mangelhaft.“ Ein Knipser wie Valentin Loparco fehlt. Jener ist bekanntlich in der Winterpause in die Landesliga zum TV Echterdingen gewechselt. „Die Mannschaft weiß, dass sie den Schalter jetzt allmählich wieder kippen sollte“, sagt Breuer – um eines aber gleich klarzustellen: „In Panik verfällt bei uns keiner.“Wäre auch etwas früh bei immerhin noch sieben Zählern Abstand zur Abstiegszone – exakt das gleiche Polster, über das auch der SV Sillenbuch verfügt. Dieser wartet noch mit ein paar weiteren Duplizitäten auf: Auch bei den Sillenbuchern ist es gerade personell dünn, und auch sie kämpfen gegen den Abwärtstrend. In ihrem Fall geht es seit dem 3:2-Coup vom Oktober in Bernhausen den Buckel runter. Aus den acht Spielen danach haben sie lediglich fünf von 24 möglichen Zählern geholt. Das aktuelle 1:4 gegen Türkspor Stuttgart kommentiert der Trainer Zvonimir Topalusic so: „Irgendwann kann man die vielen Fehlenden dann halt nicht mehr kompensieren.“ Zu jenen gehörte er diesmal selbst. Topalusic war aus privaten Gründen nicht dabei. Für seinen Stellvertreter Sascha Blessing gestaltete sich indes nicht nur das Ergebnis anders als erhofft: Gerade erst von einem Hexenschuss halbwegs genesen, musste er für die zweiten 45 Minuten selbst aufs Feld. Der Grund: zwei andere, Lasse Bethäuser und Tom Kruse, stiegen wegen muskulärer Probleme aus.
Auf der Habenseite stand schließlich nur das zwischenzeitliche Ausgleichstor von Jerry Nkamanyi – zu wenig gegen einen spielerisch überlegenen Gegner, der mit einem komplett erneuerten Kader im Tabellenkeller zur Aufholjagd bläst.Letzteres hat man auch beim TSV Rohr registriert. Jenen schmerzt die eigene 0:2-Niederlage beim MTV Stuttgart umso mehr. Mulmig muss an der Dürrlewangstraße nun der Blick auf die nächsten Aufgaben gehen. Croatia, Bernhausen, Cannstatt – es schließen sich die Begegnungen mit den Top drei der Staffel an.
Als positiv darf der Trainer Fabio Lapeschi immerhin mitnehmen, dass seine Mannschaft diesmal nicht die erste Hälfte verschlief. Geholfen hat dies aber nichts. Denn zum einen ließ Christopher Hatt frei stehend die große Ausgleichschance aus. Zum anderen bewies der Gegner zweimal bei Standardsituationen entscheidendes Geschick. Erst zwirbelte Fadi Odesh einen Freistoß sehenswert in den Torwinkel, dann leitete ein weiterer Freistoß den zweiten Treffer der Gastgeber ein. Mit dem Rücken des Rohrer Verteidigers Felix Jochim als Bande landete der Ball im Netz. Gut für die Rohrer: zwei andere Konkurrenten im Kampf um den Klassenverbleib knöpften sich gegenseitig die Punkte ab. Der Endstand im Kellerduell zwischen dem TV Zuffenhausen und der Spvgg Möhringen : ein 2:2. „Ein Resultat, das vom Spielverlauf in Ordnung geht, aber beide Mannschaften nicht weiterbringt“, bilanziert der Möhringer Trainer Sascha Gavranovic, der in seinem Kapitän Michael Heinle (Knieprobleme) und dem bisher besten Torschützen Christian Graf (privat verhindert) zwei Leistungsträger ersetzen musste. Nach einem Doppelschlag von Milan Zeljkovic hatten er und sein Team dennoch bereits den vierten „Dreier“ in Serie im Visier, ehe der Gegner aber noch aus abseitsverdächtiger Position antwortete.
Unter dem Strich stand also nur ein Unentschieden, flankiert von weiteren Aufregern. So jagten die Gastgeber einen Handelfmeter übers Tor und zückte der Schiedsrichter nach einem Gerangel zwischen dem Zuffenhausener Harun Kuzu und dem Möhringer Wilfried Dongmo für beide Akteure Rot.
Hitze, Hektik. Es waren Bilder des Abstiegskampfs. In jenem, so viel ist sicher, ist noch keine Vorentscheidung gefallen – anders als womöglich oben in der Tabelle.